Ich habe beschlossen, freundlich zu sein… Klingt komisch, seltsam? Vielleicht, aber ich meine es ernst, absolut ernst. Ich habe beschlossen, in jeder erdenklichen Situation freundlich, zugewandt, offen, zuvorkommend zu sein und es auch zu bleiben. Die Zeiten sind so unfreundlich, beängstigend. Ich brauche ein Gegengewicht, ich brauche freundliche, herzliche Momente. Und wie bekomme ich diese? Indem ich selber vorangehe – das ist mein Plan.
Wahrscheinlich wird man mir nicht gerade attestieren, ich sei ein unfreundlicher Mensch gewesen, aber es gab durchaus Situationen, in denen ich offenbar den Eindruck hatte, nur mit einer Portion Ruppigkeit, mein Interesse, durchsetzen zu können. Das habe ich dann auch gemacht.
Diese Vorgehensweise kam besonders in Momenten der Ungeduld, innerer Unruhe zum Einsatz, oder z.B. in Bedrängnissituationen als Radfahrerin im Straßenverkehr – um mein Recht, meine Präsenz, meinen Willen anzubringen. Keine schöne Angewohnheit, ich gestehe es. Auf beide Seite führt das zu einer gewissen Verhärtung und dass andere Menschen ja schnell zu einer Störung werden, weil man gegeneinander um etwas kämpfen muss. Oje!

Aber ich habe bemerkt, dass es mir selber damit gar nicht so gut geht. Zwar habe ich mein Ziel erreicht, aber eine gute Stimmung ist anders. Vielleicht hätte ich es auch anders bekommen? Und: Ich will ja gar nicht so ein Mensch sein, der unfreundlich mit seinen Mitmenschen umgeht. Mein Bild von mir sieht schon anders aus, und das sollte schließlich auch gelebt werden. 😉
Interessant ist, dass ich bemerkt habe, dass es zu einer Form der Gewohnheit geworden war. Als junge Frau wurde ich – weil ich mitunter zu freundlich war – des öfteren nicht wirklich ernst genommen, unterschätzt. Da war eine gewisse Unfreundlichkeit auch ein Mittel, mich nicht zur Seite schubsen zu lassen. Frau muss dann halt dagegen halten, die Zähne zeigen, zumindest die Krallen.
Aber inzwischen brauche ich diese Ruppigkeit gar nicht mehr.

Natürlich werde ich wegen meines Alters schon einmal weniger unterschätzt. Aber ich selber trete auch anders auf, weil ich gelernt habe, schneller zu reagieren und weil ich weiß, dass ich mein Interesse auch mit Argumenten und einer selbstbewussten Klarheit anbringen kann – mit Direktheit, aber nicht mit Unfreundlichkeit. Das hilft.
Entwarnung und Entspannung ist also angesagt. Die Unfreundlichkeit kann ich getrost weglassen, sie macht nur den anderen schlechte Laune – und mir im Übrigen auch. Und was ganz besonders toll dabei ist: Alle, mit denen ich es zu tun hatte, seit ich freundlich bin, reagieren sehr positiv, wir lächeln uns zu, geben beide einander die Vorfahrt, winken und lächeln. Schöne Momente von Leichtigkeit und Miteinander.
Ich habe beschlossen, so oft wie möglich freundlich zu sein, nachzugeben, zusammen nach einer guten Lösung zu suchen, nachzufragen (vielleicht hat es die Person in der Supermarktkasse ja weniger eilig als ich – oder umgekehrt), in Kontakt zu gehen, ein Miteinander herzustellen und wieder mehr Lächeln zu verbreiten.
Das geht eigentlich so einfach und das brauchen wir in diesen Zeiten von Hass und Hetze mehr denn je. Gegensteuern. Das ist ja wirklich ein leicht machbarer Beitrag für eine bessere Welt. Oder? 💛

Neueste Kommentare