Dieses Wochenende war ich auf dem Alten Südlichen Friedhof. Da steht u.a. das Grab des Finnessensepperls, eines alten Münchner Unikats, von Beruf: Liebesbriefbote. Was für ein Job, dachte ich bei mir! Und habe etwas recherchiert: Er war stadtweit bekannt, war zwar nicht wohlhabend, konnte aber von seiner Tätigkeit leben – nicht selbstverständlich zu seiner Zeit.
Früh positionierte er sich als Marke: war stets mit einer Lederkappe „behut“, hatte immer dasselbe Outfit an. Sicherlich war es für sein Auftreten auch nicht irrelevant, dass er kleinwüchsig war, 1.50m sind überliefert, klein und hübsch von Statur – das macht einen Liebesbriefboten doch sicherlich zusätzlich charmant! (Aha, den Makel als Stärke umgedeutet und ihn zum USP, zum Alleinstellungsmerkmal, gemacht. Wie geschickt! Das hat er schon vor knapp 200 Jahren gewusst, der Schlawiner. ;-))
Natürlich war Finessensepperl auch sein Markenname, denn eigentlich hieß er ja Joseph Huber, wahrscheinlich wie viele andere auch zu dieser Zeit. Aber der Name verkündet sein Geschäftsversprechen: Finessensepperl – das sagt doch schon alles. Pfiffig.
Sein Produktportfolio: Überbringen diskreter Liebesbotschaften, Vertrauensmann für heimliche Angelegenheiten, Vermitteln von Rendezvous, Schlichten von Streitigkeiten.
Jedem und jeder war bekannt, dass das Finessensepperl alles wusste. Doch seine Diskretion ließ er sich bezahlen und auf die war Verlass. Neugierigen antwortete er stets: „Nix G’wiß woas ma net.“ (sein Markenslogan!) – und prägte damit sogar ein Sprichwort!
Was ihn für seinen Beruf auszeichnete? Er war schlau, gewieft, humorvoll. Und: er konnte nicht lesen.
Seine Schwäche hat er sehr geschickt eingesetzt – und zur Stärke, sogar zur Grundlage seines Berufs, gemacht! Wow.
Vielleicht wird das ja eine Idee für ein Start-up neben all den WhatsApp, Threema & Cos dieser Welt? Das persönliche Überbringen von Liebesbriefen. Welches Profil die Mitarbeitenden dann heute bräuchten?
Profilfoto: Haus der Bayerischen Geschichte, www.hdbg.de
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