Seit meinem Einzug in die neue Wohnung vor gut drei Jahren, liegt sie oben auf dem Schrank und wartet. Die schicke Lampe, die mein Bruder mir – nachdem er sie, von unserer Tante geschenkt und selber nicht verwendet, im Keller verstaut hatte – für meinen Esstisch gegeben hatte. Die ganze Wohnung war fertig, nur diese Lampe fehlte noch.
Die Lampe brauchte nämlich ein Loch in der Decke, um sie über den Tisch zu hängen. Ein Loch zu bohren, in der Decke noch dazu, ist in einem Münchner Altbau schon eine Herausforderung. Von anderen Malen wusste ich, da bröselt es ohne Ende, da weiß man nie, wohin der Bohrer treibt und welche Form das Loch am Schluss hat. Das war wohl der Grund, der mich am Ende des Umzugs den Mut verlieren ließ; und so landete die Lampe nicht überm Tisch, sondern auf dem Schrank.
Bei einem Familienbesuch schlug mir dann mein jüngerer Bruder angesichts der fehlenden Esstischlampe vor, bald vorbeizukommen und mir beim Aufhängen zu helfen. Familienvater und viel beschäftigt… es dauerte ein Weilchen, bis sich eine Gelegenheit fand. Nachdem er sehr vorsichtig vorging und das Loch in der richtigen Größe exakt über dem Tisch gebohrt hatte, musste er wieder gehen. „Wir machen bald weiter“, sagte er tröstend.
Das ist nun mehr als zwei Jahre her, immer konnte einer von uns beiden nicht. Ehrlich gesagt habe ich dann auch gar nicht mehr daran gedacht, ein Tischlämpchen hat hübsch ausgeholfen und bis auf das kreisrunde schwarze Loch in der Decke, war ja alles gut. An dieses und an den Blick auf die Lampe, die vom Schrank oben hervorlugt, habe ich mich gewöhnt – beide quasi gar nicht mehr wahrgenommen. So wurde aus dem Provisorium Alltag.
Und auf einmal – am Samstag bekomme ich nämlich Besuch – holte ich heute alle Teile der Lampe hervor, die Leiter aus dem Keller und beschloss: Die Lampe soll jetzt endlich hängen. Gesagt, getan… eine halbe Stunde später hing die Lampe. Das war’s. Ach so… so schnell ging das. Das hätte ich auch früher geschafft. Warum so lange drum rum machen – das kann ich schon jetzt nicht verstehen.
Wie toll sie zum Tisch passt, wie gut sie mir gefällt. Und noch ‚was: ich bin richtig glücklich – die Lampe hängt!
Jetzt staune ich schon, wie gut ich mich mit dem Provisorium abgefunden hatte! Wo habe ich eigentlich noch so eine Baustelle, die ich irgendwie mehr schlecht als recht zugepflastert habe? Hmmm, da werde ich mich jetzt mal in meinem Leben ein wenig umschauen…
Meinen Brüdern habe ich gleich noch am Abend eine Nachricht geschrieben: sie hängt! Da gab’s Applaus.
Das sind doch die guten Seiten des Aufschiebens: die Freude, es getan zu haben, ist größer; und die Bewunderung vielleicht auch.
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